Berlin, Berlin - uns zieht es recht häufig dorthin. Dafür gibt es berufliche Gründe, aber auch, oder besser vor allem: familiäre Gründe. Meistens versuchen wir allerdings, dabei auch ein wenig touristisches Besichtigungsprogramm in unsere Planung einzubauen. Schließlich ist Berlin immer wieder eine Reise wert.
Beim letzten Besuch nun sind wir in Berlin wieder einmal aufs Wasser gegangen. Dieses Mal nicht eigenständig, nein wir haben eine Dampferfahrt durch die Stadt unternommen. Dabei haben wir uns der Berliner Geschichtswerkstatt anvertraut. Diese bietet (neben anderen Dampfer-Fahrten durch die Stadt, mehr dazu unten) eine sogenannte Litera"tour" an.
Die Fahrten finden von Mai bis September statt, zu ausgewählten Terminen und Themen. Alle dauern gut 3 Stunden und berühren verschiedene Viertel in Mitte, Kreuzberg, Friedrichshain, Treptow, Neukölln, Schöneberg, Moabit und Charlottenburg. Sie zeigen zahlreiche Sehenswürdigkeiten der Stadt, so auch das Regierungsviertel und das Nikolaiviertel, aber auch ungewohnte Einblicke in weniger bekannte Ecken der Stadt.
Historische Schiffsrundfahrt mit der Berliner Geschichtswerkstatt
Unsere Litera"tour" startete beim Historischen Hafen am Märkischen Ufer (gut zu erreichen von der U-Bahn Märkisches Museum oder auch Jannowitzbrücke). Die Anlegestelle ist nicht gerade barrierefrei (es geht entweder eine sehr steile und recht holprige Rampe oder einige Stufen hinab bzw. hinauf), an Bord geht es mit etwas Hilfe des Personals allerdings ohne größere Probleme. Rollstuhlfahrer sitzen am besten innen und unten - und das Bord WC ist definitiv nicht barrierefrei. Aber sonst steht einer fröhlichen Schifffahrt nichts entgegen. An Bord gibt es Speisen und Getränke und der Service ist schnell und freundlich.
Karten gibt es vor der Abfahrt am Schiff oder auch direkt bei der Geschichtswerkstatt, sie kosten pro Person 20,00 €.
Bei der Litera"tour" erfährt man, wie Berlin in Gedichten, Liedern und Prosa beschrieben oder besungen wurde. Dabei reicht das Programm von Ringelnatz zu Kanälen und Stadtstreichern, Walter Mehring über das Gleisdreieck und Erich Kästner zur Statistik bis hin zu Hans Magnus Enzensberger, der die Arbeit des Bundestages kommentiert. Kann jemand die Berliner*Innen besser beschreiben als Kurt Tucholsky? Wir fuhren über Spree und Landwehrkanal, wurden geschleust, beobachteten das Leben und Treiben am Ufer, erlebten einen Wolkenbruch und hörten dazu O-Töne von Wolfgang Neuss, Bertolt Brecht und Marlene Dietrich. Mitarbeiter*Innen der Geschichtswerkstatt erklärten uns, wo wir grad waren und welche Texte gerade jetzt besonders zum Ort passten. Und als besonderes Highlight war Helmut Krauss an Bord, den man kennt: als Peter Lustigs Nachbarn „Hermann Paschulke“ in Löwenzahn.
Unsere Tour (Ihr könnt einige Punkte auf der unten eingefügten Karte erkennen) führte uns vom Märkischen Ufer über die Spree, vorbei an der East Side Gallery, unter der Oberbaumbrücke hindurch bis zur Oberen Schleuse. Hier wechselten wir in den Landwehrkanal. Weiter ging es durch Kreuzberg dem Maybachufer folgend zum Urbankrankenhaus, am Technikmuseum vorbei und südlich des Potsdamer Platzes entlang. Dann wurde es wieder grün, rechts der Zoo und links der Tiergarten, am Rosa Luxemburg Denkmal und der Unteren Schleuse weiter bis wir wieder auf die Spree trafen. Hier bogen wir in Richtung Osten ab und erreichten via Moabit und Hansaviertel das Schloss Bellevue. Weiter fahrend sahen wir den Berliner Hauptbahnhof, das Parlaments- und Regierungsviertel, Berliner Dom und Nicolaiviertel bevor wir nach einer letzten Schleusung an unseren Abfahrtsort zurückkehrten.
Und kurzweilig war es während der gesamten Fahrt. Es gab Informationen zum Sightseeing ebenso wie literarische Texte und Stimmen von Zeitzeugen. Lustige Gedichte, ernste Briefe von Dienstmädchen an die Eltern in Ostpreußen, Kritisches, Politisches - und all das von 1800 bis in die Gegenwart. Der Schauspieler Helmut Krauss hat eine angenehme Vortragsstimme, zuzuhören war ein richtiges Vergnügen. Insgesamt war das Programm so bunt gemischt, es gab viel Abwechslung: ernst und heiter, Information und Dichtung, Politik und Humor, Zitat und Original.
Wir können Euch diese Tour nur empfehlen. Falls Ihr die Chance habt, an einer Dampferfahrt mit der Berliner Geschichtswerkstatt teilzunehmen: nur zu!
Geführte Tour in Berlin*
Ergänzende Informationen
- Es gibt auch andere Historische Stadtrundfahrten mit der Berliner
Geschichtswerkstatt e.V., z. B. zu Mauer- oder Frauengeschichte(n), zu 100 Jahren Dada, zur Einwanderungsstadt Berlin und vielem mehr.
- Wir haben den Nachmittag bei inzwischen dann trockenem und sonnigen Wetter ausklingen lassen, ganz stilecht, im Biergarten des Schleusenkruges im Tiergarten.
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Leuchtbiene (Montag, 27 Juni 2016 08:21)
Hallo Schwesterherz, ja, es war eine interessante Tour - auch für den Berliner Teil der Zypressenfamilie! Auch wenn das Wetter nicht so ganz mitgespielt hat ... Tolle Fotos hast du gemacht!!
Die-aus-dem-Kölner-Zoo (Montag, 27 Juni 2016 18:12)
"Ich hab' noch einen Koffer in Berlin" … und wenn wir nächstes Mal wieder in unserer (neben Hamburg) deutschen Lieblingsstadt sind, dann möchte ich auch eine Litera"tour" per Schiff machen; come rain or shine :-))
Danke fürs Appetit-Machen!
Beate
Zypresse (Montag, 27 Juni 2016 18:32)
Ja, liebe Schwester, das war eine wirklich gute Idee von Dir - kannst Du bitte beim nächsten Mal das Wasser von oben abdrehen? Dann wär's noch schöner ;-)
Liebe Beate, macht das - es lohnt sich und für eine Leseratte mit fundierter humanistischer und politischer Bildung alle Male ;-)