Es stand schon lange auf der Wunschliste: Wien. Nachdem wir im vergangenen Jahr mit Glück (und früher Buchung) einen günstigen Flug ergattert hatten stand es fest: vom 04. bis 08. März 2010 geht es in die Bundeshauptstadt Österreichs.
Die Stadt ist groß, mit rund 1.700.000 Einwohnern die bevölkerungsreichste Stadt Österreichs, im Großraum Wien lebt mit etwa 2,4 Millionen Menschen über ein Viertel aller Österreicher.
Und das gleich vorweg: man merkt’s eigentlich nicht. Klar, die Stadt ist international, klar, die Stadt ist eine Großstadt – dennoch: ein wenig kleinstädtisches Flair, Ruhe, Gemütlichkeit hat sie sich bewahrt. Vielleicht liegt es daran, dass Wien in internationalen Bewertungen immer wieder zu den Städten mit der besten Lebensqualität gezählt wird, 2009 erreichte es Rang 1 weltweit vor Zürich und Genf an zweiter und dritter sowie Vancouver an vierter Stelle. Dazu tragen der hohe Grünanteil am Stadtgebiet (ca. 50 %), die vergleichsweise sehr gute ökologische Qualität der Stadt, die hohe soziale und polizeiliche Sicherheit, das Gesundheitswesen, das Bildungswesen, die Dichte an kulturellen Einrichtungen, die effiziente öffentliche Verwaltung, die Freizeitqualität Wiens und das dichte Netz öffentlicher Verkehrsmittel wesentlich bei. Man kommt gut vom Fleck in Wien, auch ohne eigenes Auto. Der öffentliche Nahverkehr ist gut, bezahlbar und pünktlich. Und was uns auffiel: im Vergleich zu anderen Großstädten und Ballungsräumen ungeheuer sauber.
Dabei begegnete uns die Geschichte natürlich auf Schritt und Tritt: Wien war jahrhundertelang kaiserliche Reichshaupt- und Residenzstadt der Habsburger und damit als Drehscheibe des Heiligen Römischen Reiches ein kulturelles und politisches Zentrum Europas. Die Altstadt Wiens, die von der Habsburger Regentschaft geprägt ist, sowie das Schloss Schönbrunn wurden von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt. Der Stephansdom, neben dem Riesenrad im Prater und anderen Sehenswürdigkeiten ein Wahrzeichen Wiens, überragt als eines der höchsten Bauwerke der Stadt.
Wir landeten auf dem Flughafen Wien Schwechat, von dort fuhren wir mit der CAT (City-Airport-Tram) bis Wien Mitte. Das geht schnell, ist bequem und bezahlbar. Die preisgünstigere Alternative wäre
die S-Bahn gewesen, sie ist nur unwesentlich langsamer aber deutlich billiger. Von dort brachte uns die U-Bahn in wenigen Minuten zu unserem Hotel.
Schon von zu Haus aus hatten wir für unseren ersten Abend in Wien einen Tisch im Figlmüller reserviert. (Da zeitgleich mit unserem Besuch ein internationaler Radiologenkongress die Stadt bevölkerte: eine kluge Entscheidung, wie sich auch an den folgenden Tagen immer wieder zeigte.) Ein Wiener Schnitzel in Wien musste sein.
Am nächsten Morgen sind wir nicht zu früh gestartet. Aber der Naschmarkt war unser erstes Ziel. Das ist ein Markt im 6. Wiener Gemeindebezirk Mariahilf. Er liegt an der Wienzeile, zwischen Getreidemarkt/Secession und Kettenbrücke auf dem überbauten Wienfluss. Der Naschmarkt ist mit 2,315 Hektar der größte innerstädtische Markt in Wien. Die meisten Stände verkaufen wochentags von 6 bis 18.30 Uhr, samstags bis 17 Uhr. Am Naschmarkt werden vorwiegend Obst, Gemüse, Backwaren, Fisch und Fleisch gehandelt. Bekannt ist der Markt auch für das Angebot an internationalen Waren aus den Ländern des früheren Jugoslawien, Griechenland, der Türkei und zunehmend auch Ostasien, speziell Japan und China. Teils haben sich Gruppen von Geschäften mit ähnlichen Waren herausgebildet.
Seit einigen Jahren bietet der Markt auch einige Gastronomiebetriebe. Durch die Marktordnung ist es diesen gestattet, bis Mitternacht offenzuhalten. Daher ist vor allem in den Sommermonaten auch
nachts reger Betrieb am Naschmarkt. Wir haben die Chance genutzt und mit einem frischen Latte macchiato und ein wenig Backwerk gefrühstückt und, das war an allen Tagen immer wichtig, uns
aufgewärmt. Wir hatten zwar keinen Regen, nur ein wenig Schnee – aber kalt war es in Wien. Vom Wiener Frühling, zu dem im Prater die Bäume blühen und den Robert Stolz oder Richard Tauber
besungenen hatten, war Anfang März noch nichts zu spüren oder zu sehen.
Mit einem Blick auf das Secessionsgebäude und die Oper ging es dann weiter in die Albertina. Die Albertina ist ein Museum im Palais Erzherzog Albrecht im Stadtzentrum von Wien. Es beherbergt eine der größten und bedeutendsten grafischen Sammlungen der Welt mit einem Umfang von ungefähr 65.000 Zeichnungen und über einer Million druckgrafischer Blätter. Der Rahmen der ausgestellten und archivierten Exponate reicht von der Spätgotik bis hin zur zeitgenössischen Kunst. Der Name „Albertina“ stammt von ihrem Begründer Herzog Albert Kasimir von Sachsen-Teschen. Von 1996 bis 2003 war die Albertina für die Öffentlichkeit gesperrt und wurde komplett umgestaltet. Gleichzeitig wurde auch ein Tiefenspeicher mit 3000 Kubikmeter errichtet, der das Stadtbild nicht beeinträchtigt. Mit der Neugestaltung des Entreés wurde Hans Hollein beauftragt. Besonders der sogenannte Soravia-Wing stand dabei im Zentrum kontroverser und mehrheitlich eher kritischer Medienaufmerksamkeit. Uns gefiel die Mischung aus Alt und Neu, aus klassischer Architektur und moderner Kunst gut, auch die Rolltreppe, die zum Haupteingang führt ist eine spannende Lösung. Das Museum selbst ist sehenswert, neben der grafischen Sammlung gibt es wechselnde moderne Ausstellungen – und natürlich auch hier die Möglichkeit, einige Wohnräume der Habsburger zu besichtigen. Schließlich hat die Albertina einen netten Museumsshop zum Einkauf ausgefallener und geschmackvoller Souvenirs und ein Café Restaurant (in dem wir uns nach dem Museumsbesuch für die Kälte draußen erneut gestärkt haben).
Wieder in der Kälte bummelten wir entlang der Kärntener Strasse. Dies ist die Wiener Haupteinkaufsstraße, mit vielen hochpreisigen, einigen altehrwürdigen Geschäften – und zunehmend den allgegenwärtigen Billig-Ketten. Trotzdem: dort zu flanieren hat schon seinen Reiz. Und dann erreicht man den Stephansplatz mit dem Stephansdom . Das Wahrzeichen der Stadt, seit 1365 Domkirche, seit 1469/1479 Kathedrale und seit 1723 Metropolitankirche des Erzbischofs von Wien. Der von Wienern kurz Steffl genannte römisch-katholische Dom ist eines der wichtigsten gotischen Bauwerke in Österreich. Teile des spätromanischen Baues von 1230/40–1263 sind noch erhalten. Er besitzt vier Türme: Der höchste davon ist der Südturm mit 136,4 Meter, der Nordturm wurde nicht fertig gestellt und ist nur 68 Meter hoch. Links und rechts vom Haupteingang befinden sich die beiden Heidentürme, die etwa 65 Meter hoch sind. Der Südturm ist ein architektonisches Meisterwerk seiner damaligen Zeit – trotz seiner bemerkenswerten Höhe ist das Fundament weniger als 4 Meter tief. Er ist komplett freistehend und nicht mit dem Hauptkorpus der Kirche verbunden. Im Südturm befinden sich insgesamt 13 Glocken, wovon 11 das Hauptgeläut des Stephansdoms bilden. Die Pummerin selbst, zweitgrößte freischwingend geläutete Kirchenglocke Europas, befindet sich im Nordturm unter einer Turmhaube aus der Renaissance-Zeit.
Am auffälligsten neben den Türmen ist das Dach. Es ist mit rund 230.000 Dachziegeln bedeckt, die in einem Zickzackmuster arrangiert sind und in insgesamt zehn Farbtönen von den Ziegelbrennereien in Poštorná (Tschechien) hergestellt wurden.
Der Innenraum kann besichtigt werden, allerdings ist das Hauptschiff nur für Gottesdienstbesucher geöffnet. Die bloße Besichtigung ist auf das linke Seitenschiff beschränkt – schade eigentlich.
Nicht nur, dass sich die Besucher dadurch ziemlich drängeln, auch das Hauptkunstwerk, die Kanzel kann man so nur sehr eingeschränkt ansehen. Sie gilt als Meisterwerk der spätgotischen Plastik.
Der Kanzelkorb erhebt sich wie eine stilisierte Blüte aus dem Kanzelfuß – das gotische Maßwerk wird hier zu etwas quasi-floralem. Auf dem Kanzelkorb sind die Portraits der vier Kirchenväter:
Augustinus, Ambrosius, Gregor der Große und Hieronymus, die gleichzeitig die vier Temperamente und vier Lebensalter symbolisieren. Der Handlauf ist von Fröschen und Lurchen bevölkert, die sich
ineinander verbeißen und so den Kampf Gut gegen Böse symbolisieren. Am oberen Ende der Treppe sitzt ein steinernes Hündchen, das aufpasst, dass kein Tier den Prediger erreicht. Im unteren Teil
der Treppe ist der Fenstergucker – das plastische Selbstportrait eines unbekannten Meisters.
Bei Plachutta stand auch eine zweite Spezialität der Wiener Küche auf unserem Programm. Als Tafelspitz wird in Bayern und Österreich das spitz zulaufende, zarte Schwanzstück vom Rind bezeichnet. Tafelspitz ist zugleich der Name eines berühmten Gerichts der Wiener Küche. Es besteht aus im Ganzen mit Suppengrün in Wasser oder Fleischbrühe gekochtem Schwanzstück, das in Scheiben geschnitten mit Apfel- oder Semmelkren (einem Brei aus Brötchen, geriebenem Meerrettich und Äpfeln) und etwas von der entstandenen Brühe serviert wird. Als Beilagen werden in Würfel oder Streifen geschnittene, in Brühe gekochte Wurzelgemüse und Kartoffeln, Röstkartoffeln oder auch Erdäpfelschmarrn, Dillrahmfisolen (Grüne Bohnen in einer Sauce aus Sahne und Dill) oder Spinat gereicht. Schnittlauchsauce (eine Art Mayonnaise mit Schnittlauch) ist ebenfalls üblich.
Am nächsten Tag stand ein Besuch der Hofburg auf unserem Programm. Sie war von 1438 bis 1583 und von 1612 bis 1806 die Residenz der Könige und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, anschließend die Residenz der Kaiser von Österreich bis 1918. Heute ist sie der Amtssitz des österreichischen Bundespräsidenten. Es gibt dort viel zu besichtigen, die Hofburg ist Heimat mehrerer Museen, eines Kongresszentrums – und zahlreicher Gemeindewohnungen
Uns hat der Prunksaal der Nationalbibliothek ganz besonders beeindruckt. Anfangs freistehend auf der anderen Seite der Burg (beim heutigen Josefsplatz) war die Hofbibliothek, die von Kaiser Karl VI. gegründet wurde und die heute den Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek beinhaltet. Begonnen wurde ihr Bau von Johann Bernhard Fischer von Erlach, den 1735 sein Sohn Joseph Emanuel fertigstellte. In diesem Saal befinden sich die Büchersammlung des Prinzen Eugen, ein Decken-Fresko von Daniel Gran und Kaiserstandbilder von Paul Strudel. Der Prunksaal ist nach der ursprünglichen Aufstellung der Bücher in eine Kriegs- und Friedensseite geteilt, was sich auch in den Fresken widerspiegelt. Das Fresko in der Mittelkuppel stellt eine Art Apotheose Karl VI. dar, dessen Bild von Herkules und Apoll gehalten wird. Um das Bild des Kaisers sind in einem komplizierten Programm allerlei allegorische Figuren versammelt, die die Tugenden der Habsburger und den Reichtum ihrer Länder symbolisieren sollen.
Bereits unter Maria Theresia zeigten sich Risse in der Kuppel, weshalb diese vom Hofarchitekten Nikolaus Pacassi mit einem Eisenring verstärkt wurde. Das Deckenfresko von Gran (an dem die Spur
eines Risses heute noch zu sehen ist) wurde von Franz Anton Maulbertsch restauriert. Zur selben Zeit entstanden auch die Flügelbauten, die die Bibliothek mit der Hofburg und der Augustinerkirche
verbinden und mit ihr den Josefsplatz bilden.
In der Bibliothek stehen auch Kaiserstatuen von Peter und Paul Strudel, und vier Globen von Vincenzo Coronelli. 1735 gestaltete Antonio Corradini die zentrale Statue von Karl VI. als
Römisch-Deutscher Kaiser im Zentrum des Prunksaales der Hofbibliothek.
Und nach soviel Kultur und Bildung, was macht man dann: na klar, sich aufwärmen, bei Kaffee und Torte. Wir haben uns hierzu das bekannte Cafe Central ausgesucht und können die Torten nur empfehlen.
Für den Abend hatten wir Karten für eine Vorstellung des Akademietheaters bestellt. Schon von zu Haus aus über das Internet war dies kein Problem. Das Akademietheater ist die kleine Spielstätte
des Wiener Burgtheaters. Es war ein tolles Erlebnis und zahlt sich ohne Zweifel für jeden Schauspielfan aus.
Und was wäre ein Besuch in Wien ohne das Schloss Schönbrunn? Es ist eines der bedeutendsten Kulturgüter Österreichs und seit den 1960er Jahren eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Wiens. Es liegt westlich der Wiener Innenstadt im Bezirk Hietzing. 1996 wurden Schloss und Park von Schönbrunn von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Heute zählt Schönbrunn 1.441 Zimmer verschiedenster Größe; ein Teil davon ist in Form von 190 Gemeindewohnungen an Privatpersonen vermietet. Der Großteil der Anlage ist jedoch ein Museum, das jährlich von etwa 1,5 Millionen Touristen besucht wird. Der Park und seine Einrichtungen ziehen weitere rund 5,2 Millionen an, in Summe also 6,7 Millionen Gäste jährlich. Lohnender ist ein Besuch im Park ganz sicher im Sommer (oder mindestens im Wiener Frühling…), obwohl auch wir uns frierend die Schönheit der Anlage vorstellen konnten.
Der Name Schönbrunn geht auf einen Kaiser Matthias zugeschriebenen Ausspruch zurück, der hier auf der Jagd einen artesischen Brunnen „entdeckt“ und ausgerufen haben soll: „Welch' schöner Brunn“.
Aus diesem Brunnen wurde bis zum Bau der Hochquellwasserleitung auch Trinkwasser für den Hof gezapft. Wir haben auch das Schloss besichtigt, es gibt die Möglichkeit unterschiedlich langer,
audio-guide geführter Touren durch die Räume. Leider darf das Schloss nicht geheizt werden (wir haben uns gefragt, ob dies wohl auch für die Gemeindewohnungen gilt?) – mit unserer Idee, uns dort
aufwärmen zu können wurde es also nichts. Vielleicht lag es daran, dass all meine Illusionen über Sissi, wie sie von Romy Schneider gespielt wurde, schnöde zerbrochen sind? Was ich in Schönbrunn
über sie erfahren habe hatte jedenfalls mit den Filmen rein Garnichts zu tun. Lohnen tut sich ein Besuch auf jeden Fall, es ist eindrucksvoll, gut erklärt – und ein Bummel durch den Souvenirshop
mit jeder Menge Sissi Memorabilia lohnt – auch wenn wir nichts dort gekauft haben.
Durchfroren haben wir uns auf die Heimreise gemacht, gut gelaunt waren wir trotzdem, es gab viel zu sehen, es gab schöne Eindrücke, spannendes Theater, gute Erlebnisse und die Gewissheit: wir kommen wieder, wenn es wärmer ist in Wien. Denn es ist noch so vieles offen auf der must-see-Liste, nicht nur der Prater und das Riesenrad, auch ein Besuch beim Heurigen in Grinzing sollte sein, der Wiener Zentralfriedhof ist sehenswert – und wenn es regnet, gibt es noch so viel spannende Museen zu entdecken.
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