Auf eine Reise der ganz besonderen Art nimmt uns Blula mit: eine Zeitreise in Ägypten, und zwar der kulinarischen Art. Es ist keine Diät, nein, es ist wirklich opulent, was wir geboten bekommen. Ursula reist und fotografiert gern und sagt, fremde Menschen und Kulturen kennenzulernen ist fast sowas wie der Sinn des Lebens.... ja, was kann ich dem noch hinzu fügen? Und wenn Ihr Blula kennenlernen wollt, dann lest einfach ihre spannenden, informativen Reiseberichte in der Geo-Community.
Kochkunst in Ägypten - eine kulinarische Zeitreise
Ich war einer Einladung zu einem Abendessen bei der Familie meiner ägyptischen Reiseleiterin gefolgt. Ich kannte Dalia bereits von einer früheren
Reise. Nun saß ich hier in deren Wohnhaus in Assuan an einem voll gedeckten Tisch.... und mein Teller wurde einfach nicht leer, weil man mir immer wieder nachlegte.
Gastfreundschaft wird ganz groß geschrieben in Ägypten und das gemeinsame Essen ist praktisch der wichtigste Ausdruck einer Gastfreundschaft. Es wird stundenlang gegessen und es werden
dementsprechend unglaubliche Mengen aufgetischt und vertilgt. Auch bei meinen Gastgebern bog sich förmlich der Tisch.
Da das Abendessen überhaupt erst praktisch um 22 Uhr begann, hatte ich sowieso schon ein Problem, denn man ist doch eine so späte Mahlzeit in unseren Breitengraden einfach nicht gewöhnt.
Ich weiß gar nicht mehr, was ich alles gegessen habe bzw. wovon ich alles probieren musste. Es fing an mit diversen recht öligen und
knoblauchhaltigen Vorspeisen (Auberginenmus, Kichererbsen, Sesampaste, eingelegtem Gemüseallerlei) die mit dem typischen Fladenbrot gegessen wurden und einer sauren Linsensuppe.
Dann gab es Kofta, das sind gegrillte Hackfleischbällchen und Rindfleisch, letzteres vermutlich mir zuliebe anstelle von Hammelfleisch. Dazu gab es wiederum diverses Gemüse, z.B. Bamya, die auch
Okraschoten genannt werden, Bohnen und Falafel.. . das sind pikant gewürzte und frittierte Bällchen aus Kichererbsenmehl. Ich erinnere mich auch noch an Tahina, eine ölige Sauce aus Kichererbsen,
Pfeffer, Knoblauch und anderen orientalischen Gewürzen. Ausgesprochen lecker fand ich einen Salat aus Tomaten, Zwiebeln und Petersilie. Zum Nachtisch wurden mehrere Süßspeisen aufgetischt, die
zum Teil auch noch sehr fettig waren. Milchreis mit Rosenöl, Nüssen und Zucker, Röllchen aus Nudelteig mit einer Nussfüllung, ein Honig-Mandelkuchen und, und.....
kuli, kuli...
Dieses Abendessen bei der ägyptische Familie war für mich wahrlich ein Erlebnis und zugleich aber auch eine Gewaltkur. Kann mich nicht erinnern, schon mal aufgefordert worden zu sein, so viel auf
einmal zu essen. Anders als in den Hotels, in denen man zwischen ägyptischer und - wie andernorts auch - internationaler Küche wählen und sich meistens eben am Buffet bedienen kann, auch
"mengenmäßig"...
Kochgeschichte
Die ägyptische Kochkunst ist so alt wie die Geschichte der Pharaonen. Was die Menschen am Nil anbauten, wie sie ernteten und ihre Speisen
zubereiteten, welche Gewürze sie nahmen - all das lernen wir kennen, wenn wir uns die pharaonischen Reliefs und Fresken ansehen. Viel davon hat sich bis heute erhalten, manches wurde hinzugefügt.
Mit den Persern, Griechen, Römern, Arabern, Türken und den Engländern kamen weitere Gemüse-, Getreide- und Früchtesorten und auch neue Rezepte dazu.
Jedoch die elementaren Inhaltsstoffe der ägyptischen Küche wie Zwiebeln, Bohnen, Knoblauch, Getreide und Fladen, Fisch aus dem Nil, Melonen , Datteln und Granatäpfel, Rosmarin, Kümmel, Koriander
und Salbei - all das gab es schon zu Zeiten von König Echnaton und Alexander dem Großen.
Auf einem Tonteller liegt der geknetete Teig, der von der Frau in den Ofen geschoben wird. In vielen Dörfern gibt es Gemeinschaftsöfen, in die alle Familien ihren Brotteig und auch andere Speisen zum Backen bringen.
Zahlreiche Fresken in den Pharaonengräbern zeigen uns, wie die Menschen damals Wein gekeltert haben und sogar schon Bier gebraut haben. Bier war
damals ein recht weit verbreitetes Getränk. Hergestellt wurde es auf der Basis von Weizen oder Gerste. Datteln nahm man zur Zuckerung. Auf Fresken sehen wir auch, dass Brot gebacken wurde. Es
scheint sich also nichts geändert zu haben in den vergangenen 5000 Jahren. Wenn man heute ein Felachendorf besucht erlebt man dort eine lebendige Vergangenheit.
Ägypten war einmal die Kornkammer Roms. Das war zur Zeit von Alexander dem Großen. Der Getreideanbau gehörte zu den größten Reichtümern der alten Ägypter. Heute muss allerdings Weizen importiert
werden. Dafür findet man noch wilde Gerste an den Küsten des Roten Meeres, dort, wo sie der Legende nach von Göttin Isis entdeckt worden ist.
Die einfachste Art, den Geschmack der Vergangenheit kennen zu lernen ist, eine häusliche Einladung anzunehmen, so wie ich es getan habe und
Zwiebeln, Bohnen, Knoblauch zu essen. Was in heutiger Zeit zur Gewohnheit geworden ist, hatte zu pharaonischer Zeit religiöse und zuweilen auch eine medizinische Bedeutung. Auf diversen
Wandgemälden erkennt man Priester mit Büscheln von Zwiebeln in den Händen, die sie zum Gebet erheben. Papyrostexte sprechen von bestimmten Tagen, an denen man Zwiebeln kauen soll, oder von
anderen Tagen, an denen man sich die Gurgel und den Magen mit Zwiebelsaft einreiben sollte. Nach jeder Ernte wurde ein Zwiebel- und Knoblauchfest gefeiert und bei Prozessionen wurden Zwiebeln
vorangetragen.
Die arabischen Eroberer haben die typisch orientalische Küche mitgebracht, die sehr fett, stark gewürzt und extrem süß ist.
Man sollte die ägyptische Küche –außerhalb der Touristenhotels- wirklich einmal kennen lernen. Eins ist sicher, wenn’s bekommt, ist man
anschließend für Tage gesättigt, so wie es mir damals ergangen ist.
In diesem Sinne .. . . „kuli, kuli“
... . vielleicht hilft es ja, wenn man seinen freundlichen Gastgebern "ana shaban" entgegnet, was so viel heißt wie "ich bin satt"...
Dankeschön, liebe Ursula, lecker war's!